Vogelstimmenanalyse

Hintergrund

Mit den Aufnahmen von Dawn Chorus soll die langfristige Veränderung der Vogelfauna dokumentiert werden. Um dies wissenschaftlich durchzuführen, muss das Vogelkonzert, möglichst automatisiert, in die Beiträge einzelner Vögel zerlegt werden. Dies erfordert komplexe Berechnungen (Algorithmen), die in der Lage sind, die Stimmen einzelner Vogelarten zu identifizieren und in statistisch verwertbare Datenpunkte umzuwandeln. Es gibt bereits zuverlässige Programme, die eine Artbestimmung ermöglichen. Allerdings müssen die Vögel dazu idealerweise allein oder deutlich im Vordergrund der Aufnahme zu hören sein.

Dawn Chorus-Aufnahmen sind oft viel komplexer, da hier viele Arten und Individuen gleichzeitig singen oder rufen. Menschen und Computerprogramme können lernen, Arten zu identifizieren und zu benennen. Bei der Signaltrennung sind Menschen jedoch (noch) bei Weitem überlegen: Das menschliche Gehör ist besonders gut darin, Geräusche, die wir erlernt haben, selbst in komplexen Geräuschkulissen, gedanklich herauszufiltern und zu erkennen. Für Computerprogramme reicht es oftmals nicht, auf einzelne Vogelstimmen trainiert zu werden, wenn diese dann in schwierigen Geräuschkulissen erkannt werden sollen. Darum brauchen wir für die komplexen Dawn Chorus-Aufnahmen engagierte Lehrer*innen, freiwillige Vogelexpert*innen wie Euch, die die bestehenden Aufnahmen per Hand und Ohr analysieren und ihre Ergebnisse dokumentieren. Anhand solcher beispielhaft ausgewerteten Aufnahmen kann ein Programm dann anhand verschiedener Methoden verbessert werden.

Das Annotations-Werkzeug

Ziel:

Das Annotationswerkzeug wurde speziell für Dawn Chorus entwickelt, um die Auswertung der Vogelstimmen des Dawn Chorus Datensatzes für Ehrenamtliche angenehm und effizient zu gestalten.

Zudem wurde das Programm an unsere wissenschaftlichen Fragestellungen angepasst .So wird zum Beispiel jede Aufnahme in Segmente von jeweils drei Sekunden Länge aufgeteilt, um eine Vergleichbarkeit mit dem BirdNET-Algorithmus zu gewährleisten.

Für die Wissenschaft ist es wichtig, die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse zu beschreiben, d.h. ob und wie sehr sich Ergebnisse im Datensatz zwischen verschiedenen Expert*innen unterscheiden. Durch Eure Anmeldung per E-Mail wird jede Analyse einer Personennummer zugeordnet.

In Zukunft können wir so auch bestimmte Aufnahmen bestimmten Personen zuteilen, zum Beispiel Aufnahmen aus den Bergen für Alpenvogelexpert*innen. Darüber hinaus ermöglicht das Programm, Aufnahmen zu kommentieren und zu markieren, damit sie später von Anderen überprüft werden können. Jede annotierende Person hat jedoch nur Zugriff auf die selbst gemachten Ergebnisse und kann Ergebnisse anderer Personen nicht einsehen.

Bitte denkt daran, dass Unsicherheit nicht mit Unwissen gleichzusetzen ist. Der Algorithmus benötigt Annotationen, bei denen Ihr Euch absolut sicher seid. Solltet Ihr Vogelstimmen hören, die Ihr nicht erkennt, fügt bitte weitere „Unbekannte Art/Arten“ hinzu. Solltet Ihr bei einer Art nicht ganz sicher sein, markiert die Art bitte als „Nicht ganz sicher“. Die Präzision zukünftiger Algorithmen werden es Euch danken.

Das Programm wurde dank einer Förderung der Sparkassenstiftung von Can Turgay und den Projektpartnern LBV und Biotopia weiterentwickelt. Es basiert auf einem Studiumsprojekt (Kinga Janossy und Can Turgay, unter der Leitung von Prof. Noriega, CODE University Berlin), welches im Jahre 2022 als Prototyp für Dawn Chorus entwickelt wurde.

Technische Voraussetzungen:

Das Annotations-Werkzeug läuft im Browser. Es ist keine Programminstallation erforderlich, jedoch eine Internetverbindung. Die Arbeit an sich kann auch offline durchgeführt werden. Zum Laden und Speichern der Aufnahmen benötigt Ihr jedoch eine Internetverbindung.

Anmeldung:

Die Anmeldung erfolgt durch die Eingabe der E-Mail-Adresse. Anschließend wird ein einmaliger Code an die angegebene E-Mail-Adresse gesendet, der beim Einloggen eingegeben werden muss. Nach jedem Ausloggen bzw. nach Löschen von Cookies muss ein neuer Code angefragt werden. Dafür müsst Ihr Euch kein Passwort merken.

Übersicht Annotations-Werkzeug

Bedienungsanleitung

Die Aufnahmen stammen direkt aus der Dawn Chorus Datenbank (Region: Deutschland). Jede der hier präsentierten Aufnahmen dauert eine Minute und umfasst 20 Segmente von jeweils drei Sekunden Länge. Eure Aufgabe ist es, jedes Segment innerhalb der einminütigen Aufnahmen vollständig zu annotieren. Dazu stehen euch verschiedene Werkzeuge zur Verfügung:

1. Visuelle Darstellung der Aufnahme
Ein Frequenzspektrogramm zeigt die Tonhöhe (in Hertz) über die Zeit (in Sekunden) für eine visuelle Darstellung des Gehörten. Dabei werden die verstrichenen Sekunden über Segmentgrenzen hinweg angezeigt (0-60 Sekunden). Beim Abspielen des Segments läuft zeitgleich ein vertikaler Strich durch das Spektrogramm, für eine bessere Zuordnung von Bild und Ton innerhalb des Segmentes.

2. Navigation durch die Segmente:
Jedes Segment kann abgespielt und pausiert werden. Nutzt die Navigationssymbole (Links, Play/Pause, Rechts), um zwischen den Segmenten vor- und zurückzunavigieren. Ein grauer Bereich unterhalb des Spektrogramms zeigt die Position des aktuellen Segmentes innerhalb der Gesamtaufnahme an.

3. Anhören der Gesamtaufnahme:
Klickt auf den Button „Gesamte Aufnahme anhören“, um die Gesamtaufnahme ohne Unterbrechung anzuhören. Beachtet jedoch, dass ihr trotzdem immer nur segmentweise annotieren könnt.

4. Verstärkung der Aufnahme:
Falls die normale Lautstärkeregelung eures Computers nicht ausreicht, könnt ihr die Aufnahme mit dem Regler zusätzlich verstärken.

5. Aktuelles Segment erkennen: Das Segment wird als Label neben den Navigationssymbolen schriftlich angezeigt (z. B. Abschnitt: 1/20). Auch die Sekundenzahl kann nützlich sein, um eine konkrete Position in der Gesamtaufnahme zu identifizieren.

6. Segment wiederholen:
Rechts neben dem Abschnittslabel befindet sich ein „Loop-Knopf“, der das Segment bei Aktivierung kontinuierlich wiederholt abspielt.

7. Segment mit anderen teilen: Neben dem „Loop-Knopf“, befindet sich auch ein „Teilen-Knopf“. Wenn ihr ihn anklickt, wird die Web-Adresse des aktuellen Segmentes der Aufnahme in die Zwischenablage kopiert und ihr könnt sie mit anderen eingeloggten Nutzer*innen teilen. Dazu den kopierten Link in das Kommunikationsmedium Eurer Wahl (z.B. Email oder Messenger) einfügen und absenden.

8. Eingabewerkzeug zur Arten-Erkennung:

Auswahl der Vogelarten:

Pro Segment sollen alle gehörten Vogelarten, das Fehlen von Vogelgesängen („Kein Vogel“) und/oder die Anwesenheit von Störgeräuschen (z. B. Rascheln, Straßenlärm) angegeben werden.
Eine ausgewählte Art erscheint rechts daneben in einer Box und kann durch Klicken auf das X entfernt werden. Bei Unsicherheit klickt bitte auf das Fragezeichen.
Um die Arbeit zu erleichtern, wird jede ausgewählte Art auch im nächsten Segment automatisch hinzugefügt. Die fünf häufigsten Vogelarten sind als Sofort-Auswahl verfügbar. Weitere Arten können durch Klicken auf „Andere Vogelarten“ gesucht und hinzugefügt werden.

Es ist entscheidend, nur die Vogelarten als sicher zu kennzeichnen, die in diesem Segment eindeutig identifiziert wurden. Solltet ihr Vogelstimmen hören, die ihr nicht erkennt, fügt bitte weitere „Unbekannte Art/Arten“ hinzu. Bei Unsicherheit markiert die Art bitte als „Nicht ganz sicher“, indem ihr auf das Fragezeichen klickt (Angabe wird organge markiert).
Dabei ist Unsicherheit nicht mit Unwissen gleichzusetzen. Auch zu leise Aufnahmen oder die Anwesenheit von Lärm können zu Unsicherheiten der Ergebnisse führen.

9. Annotation verwalten:

Kommentieren: Ihr könnt Kommentare zu jeder Aufnahme hinzufügen (z.b zu leise, hörbare menschliche Gespräche). Speichern: Ihr könnt Eure Arbeit jederzeit zwischenspeichern (Internetverbindung nötig).

Verwerfen und Überspringen: Möchtet Ihr die gemachten Angaben der gesamten Aufnahme verwerfen, klickt auf „Annotation löschen“. Solltet Ihr mit einer Aufnahme nicht zurechtkommen, könnt Ihr sie unbearbeitet verlassen, indem Ihr auf „Aufnahme überspringen“ klickt. Danach wird eine neue Aufnahme angezeigt.

Einreichen: Wenn Ihr mit der vollständigen Annotation aller Segmente fertig seid, klickt auf „Annotation einreichen“. Danach wird eine neue Aufnahme angezeigt.

10. Verwendung von Tonbeispielen:Unterhalb des Eingabewerkzeugs gibt es eine Box mit Tonbeispielen von Xeno Canto, um Euch die Annotation zu erleichtern. Hier könnt ihr in der Suchzeile nach Aufnahmen von Vogelarten suchen,um euch Tonbeispiele anzeigen und anhören zu lassen.

11. Information über aktuelle Aufnahme: Rechts neben den Tonbeispielen sind die Aufnahmenummer und weitere Informationen sichtbar. Zusätzlich gibt es eine Google Maps Karte, auf der ein Luftbild der Umgebung der Aufnahme abgebildet ist.

12. Verlauf: Eine Übersichtsfunktion über die von euch bereits analysierten Aufnahmen findet Ihr auf der Seite oben rechts im Menu unter „Verlauf“. Hier könnt Ihr sehen, welche Aufnahmen Ihr angefangen bzw. bereits vollständig eingereicht habt. Gelb markierte Aufnahmen wurden zwischengespeichert aber noch nicht eingereicht.

Dr. Moritz Hertel
Abteilung Verhaltensneurobiologie
Max Planck Institute für Biologische Intelligenz (in Gründung), Seewiesen

Dr. Lisa Gill
Referat Artenschutz
Landesbund für Vogel und Naturschutz (LBV)

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